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100 Jahre Arbeiterwohlfahrt

Mit Solidarität und Fortschritt immer am Puls der Menschen

Das Massenelend nach dem Ersten Weltkrieg veranlasste die engagierte Frauenrechtlerin und Sozialreformerin Marie Juchacz, am 13. Dezember 1919 in Berlin die Gründung einer sozialdemokratischen Wohlfahrtspflege vorzuschlagen. Das war die Geburtsstunde der Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit dem politischen Ziel, die stigmatisierende „Armenpflege“ des alten Kaiserreiches durch den Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ und „Solidarität“ unter Mitwirkung der Arbeiterschaft abzulösen. 
So schuf die AWO schon kurz nach ihrer Gründung eine Vielzahl von Diensten und Einrichtungen – von Nähstuben über Mittagstische bis hin zu Beratungsstellen. Im Zentrum stand, die Freiheit des einzelnen Menschen und seine Selbstbestimmung zu fördern.  
Doch die AWO kümmerte sich nicht nur um die Probleme hilfebedürftiger Menschen. Sie setzte sich überdies für eine gesetzliche Regelung der Wohlfahrtspflege und einklagbare Rechte in Deutschland ein. 
Mit der Machtübernahme der Nazis wurde die Arbeiterwohlfahrt zerschlagen, ihr Eigentum bis auf das letzte Geschirrtuch konfisziert. Die Wiedergründung erfolgte bereits vom 3. bis 5. Mai 1947 auf einer Konferenz in Kassel-Harleshausen. Dort konstituierte sich die Arbeiterwohlfahrt als selbstständiger und politisch unabhängiger Wohlfahrtsverband neu. 

In Kassel und Nordhessen entstanden bis 1949 schon wieder 267 Ortsvereine mit über 1.000 Ehrenamtlichen und 9.400 Mitgliedern.

Die AWO hat sich in den folgenden Jahrzehnten zu einem Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege entwickelt. Und dabei blieb sie bis heute dem sozialethischen Fundament mit den Grundwerten Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit treu. An den sich ändernden sozialen Problemlagen und neuen gesellschaftlichen Herausforderungen passte sich die AWO mit innovativen Einrichtungen und Diensten an, wobei der Grundgedanke ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ im Vordergrund steht. Es erfolgten Hilfen für Flüchtlinge in den Nachkriegsjahren, Unterstützung von Gastarbeitern in den 1960er Jahren, zeitgemäße Förderung von Jugendlichen ab 1968 oder würdevolle Betreuung alter, pflegebedürftiger Menschen seit Beginn der 1980er Jahre. „Darüber hinaus entwickelte die AWO stets vorausschauend innovative Konzepte beispielsweise für die Betreuung und Förderung von Menschen mit Demenz“, resümiert Michael Schmidt, seit über 40 Jahren in der AWO aktiv und seit 1996 Geschäftsführer der AWO Nordhessen.

Beispiele: 

Viele Kinder fanden 1949 in der Zeltstadt „Kinderrepublik Neuland“ in Vöhl am Edersee nicht nur Erholung. Sie sollten auch lernen, was demokratische Gemeinschaft ist. 

Eine der ersten Kindertagesstätten wurde bereits 1955 in Eschenstruth Waldhof, einem sozialen Brennpunkt, errichtet. Heute bietet die AWO in Helsa, Eschenstruth, Wickenrode, Rotenburg und Baunatal über 250 Kita-Plätze ab dem dritten Lebensjahr und 132 Krippen-Plätze ab dem ersten Lebensjahr. 

1957 entstand das erste Altenzentrum in Nordhessen: das Altenzentrum Auefeld in Kassel nach seinerzeit modernsten Maßstäben. 1995 wurde es nach einer der AWO-Gründerinnen in Kassel in „Käthe-Richter-Haus“ umbenannt.
Seit 1969 war die Arbeit der AWO im Landkreis Hersfeld-Rotenburg von Brigitte Mende geprägt. 1983 bis 2000 war sie Vorsitzende des damaligen Bezirksverbands Hessen-Nord. Brigitte Mende – das AWO-Altenzentrum in Bebra ist nach ihr benannt – gründete 2006 die AWO-Stiftung Lichtblicke, die bis heute Kinder aus benachteiligten Familien mit pädagogisch angeleiteten Schreibwerkstätten unterstützt. 
2005 eröffnete die AWO in Sontra eines der ersten Pflegeheime in Hessen nach dem Konzept der Betreuten Hausgemeinschaften. D.h. für hauswirtschaftliche Tätigkeiten ist jede einzelne Hausgemeinschaft zuständig. So können die Bewohner selbstbestimmt und freiwillig an der Planung des Einkaufs, der Zubereitung des Essens, der Wäscheversorgung usw. mitwirken. Heute führt die AWO zwei Drittel ihrer Pflegeheime mit Hausgemeinschaften. 

Auch die Beratung und der Schutz von Frauen stellt einen wichtigen Teil der Frauen-und Familienarbeit dar. Herauszuheben ist hierbei unter anderen das einzige Frauenhaus im Schwalm-Eder-Kreis, das von dem Kreisverband der Arbeiterwohlfahrt getragen wird. Dem Frauenhaus ist eine Beratungs- und Interventionsstelle angegliedert, die mit der ambulanten Beratung bis heute ein wichtiges, niedrigschwelliges und häufig in Anspruch genommenes Angebot darstellt. Hinzu kommt in Homberg/Efze eine Familien-, Partnerschafts- und Sexualberatungsstelle mit Schwangerschaftskonfliktberatung und Mutter-Kind-Kur-Vermittlung, welche das Hilfsangebot für Frauen abrundet.

Seit 2010 führt das AWO-Altenzentrum in Gladenbach eine spezialisierte Pflegefachabteilung mit eigenem Wohnkomplex für Menschen mit Morbus Parkinson und Morbus Huntington. Ziel ist es, ein selbstbestimmtes Leben mit vielfältigen Kontakten außerhalb des Hauses zu ermöglichen. 

2011 startete die AWO das präventive Förderprogramm „Opstapje“ (niederländisch: Schritt für Schritt) für bildungsferne Familien und Familien mit Migrationshintergrund in Kassel und Baunatal. Ein weiteres ambulantes Angebot ist „Starker Start“. Hier werden junge Eltern begleitet, denen es an Erfahrung in der Versorgung von Kleinkindern mangelt. 

2014 startete die AWO das erste Quartiersprojekt in Baunatal, mit dem Ziel, die Menschen eines Stadtteils praktisch im Sinne von Nachbarschaftshilfe zu unterstützen und Orte der Begegnung zu schaffen. Weitere Quartiersprojekte bestehen heute in Bebra, Eschwege, Heringen, Kassel, Petersberg und Stadtallendorf.

2015 übernahm die AWO die Koordination der Kindertagespflege Baunatal/Schauenburg für ca. 150 Betreuungsplätze für U3.

Die AWO Nordhessen (gemeinnützige Trägergesellschaft, Kreisverbände sowie Catering- und Reinigungsunternehmen) beschäftigt insgesamt rund 3.400 hauptberufliche Mitarbeiter, davon 2.310 in der Pflege. Über 2.100 Frauen und Männer engagieren sich ehrenamtlich. 

Statistik 2019 als PDF 


Kassel, 30. April 2019

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